Als der jüdische Stoffhändler Julius Kahn im August 1935 verstarb, gab es Streitigkeiten in Windecken. Die Sturmabteilung der NSDAP hielt Nachbarn davon ab, an der Beerdigung teilzunehmen, solange sie nicht selbst Juden waren. Seine Witwe Selma kam später im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben. Heute erinnert ein Stolperstein in der Windecker Altstadt an ihr Schicksal. Die Inschrift ist für Vorbeigehende wieder klar erkennbar – dank einer Putzaktion der Nidderau-Borussen.
Schon seit 2013 verhilft der örtliche Fanclub des Traditionsvereins Borussia Dortmund jedes Jahr den Stolpersteinen für die Familie Scheuer in der Straubelgasse in Heldenbergen zu neuem Glanz. Nun haben die engagierten Fußballfans zusätzlich Putzpatenschaften für zwei Verlegestellen im Ortsteil Windecken übernommen. Beide befinden sich in der Glockenstraße.
Am Montag, den 21. September 2020, trafen sich freiwillige Helfer des Fanclubs, um die pflastersteingroßen Messingtafeln für Selma Kahn sowie für Julius und Johanna Reichenberg zu polieren. Auch die Stolpersteine in Heldenbergen wurden poliert. Das Haus der Reichenbergs in der Glockenstraße 4 sollte im November 1938 niedergebrannt werden. Dies wusste ein Nachbar in Naziuniform zu verhindern, indem er behauptete, er habe das Anwesen bereits gekauft. Julius und Johanna wurden schließlich verschleppt und in den Gaswagen von Kulmhof ermordert.
Die Stolpersteine sind ein Erinnerungsprojekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Der Bildhauer verlegte in den Jahren 2008 bis 2011 insgesamt 80 Gedenksteine in Windecken, Ostheim und Heldenbergen zum Gedenken an Opfer der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft.
Vor Ort koordinierte die Initiative Dr. Ralf Grünke. Der Politikwissenschaftler gehört selbst den Nidderau-Borussen an und bemüht sich derzeit zusammen mit wenigen anderen, Putzpatenschaften für alle Stolpersteine in Nidderau zu organisieren.